Chemie-LK oder: der Kleine ganz groß
Montag. Nach Mathe pack ich meine sieben Sachen und laufe die Treppen hinunter bis zur 1. Etage. Dort angekommen, machen meine Nasenschleimhäute Bekanntschaft mit tausenden Gerüchen. Wer von uns Chemie Lklern um 9:30 also noch nicht wach war, der war es spätestens nach dem Inhalieren der Düfte von Buttersäure, Ammoniak und Chlorwasserstoff. Ich bahne mir meinen Weg durch Scharen von herumflitzenden, kleinen Naturwissenschaftlern und biege schließlich in die letzte Tür vorm Durchgangszimmer ein. Hektisch werfe ich meine Sachen vor meinen Platz und…setzte mich gemütlich hin, um mit Johann und Möschen Skat zu spielen. Was für ein wundervoller Morgen. Pünktlich um 9:51 verirrt sich ein kleiner Naturwissenschaftler in unser Zimmer. „Du bist im falschen Raum, du Wan…guten Morgen, Herr Bätz“! Puh, grad noch mal die Kurve gekriegt. Der sieht den halben Metern aus der 6. Klasse aber auch zum Verwechseln ähnlich. Das Problem dabei ist, dass Herr Bätz bei dem Thema der Größe meist keinen Spaß versteht. Schnell sucht er sich Schuldige aus, auf die er seine alchemistischen Flüche loslässt. Die Hauptangeklagten: Markus, Johannes und Ildikò. Im Anschluss an Herr Bätz’ 10-minütigen Dauer-Screaming wenden wir uns wieder den wichtigen Sachen des Lebens zu: der CHEMIE! Und Herr Bätz ist der unantastbare King of Chemistry. Nur ab und zu bekamen wir Sätze, wie: „Das ist halt so, das müssen wir so hinnehmen.“ zu hören. Er verpackt seine Lebensweisheiten außerdem in wunderbar klingende Metaphern. Allen voran der Dauerburner: „Ich hab keine Lust.“. Aber an solch einem herrlichen Montagmorgen haben wir eigentlich Lust auf Chemie. Also schlagen wir unsere Hefter auf und kritzeln hoch konzentriertes Chemie-Wissen rein. Der Einzige, der den unbedingten, diktatorischen Machtanspruch des lebendigen Chemie-Gottes anzweifelt, ist Hans mit seinen Fragen. Doch Herr Bätz lässt sich dadurch nicht irritieren und antwortet entweder: „ Is’ halt so.“ oder „Frank, was sagst du dazu?“. Gewusst wie! Nur Möschen hat das Privileg, bei Mysterien um das Moped oder Kaugummis, eine vollständige Antwort zu bekommen. Reden wir also über Mopeds. 10 Minuten. 20 Minuten. 50 Minuten. Kurz vor Ende der Stunde, wenn sich schon alle auf die Pause freuen, wirft Herr Bätz noch ein: „Nächste Stunde schreiben wir ’nen Test.“ „Was kommt alles dran?“ „Na alles!“. Wundervoll. Wie lieben wir nicht diese präzise Antworten. Uns Chemie-LKlern ist auch durchaus bewusst, dass Herr Bätz nicht etwa deswegen Arbeiten schreibt, damit unser Wissen gefestigt wird, sondern damit er sich aufregen und Schüler klein machen kann. Leicht frustriert verlasse ich das Chemie-Zimmer. Im Großen und Ganzen war der Chemie-Unterricht bei Herr Bätz echt klasse. Aber muss Herr Bätz manchmal so gemein und müssen seine Arbeiten so bescheiden sein? Wahrscheinlich schon. Sonst wäre es nicht Herr Bätz. So gehe ich also den Gang entlang und stehe wieder im Treppenhaus. Chemie ist vorbei, jetzt geht’s zum nächsten Block. Also runter die Treppen und noch mal am Vertretungsplan vorbei. Mensch, denk ich mir, morgen ist Dienstag. Und wir haben Chemie. Hoffentlich fällt’s nicht aus. Weil irgendwie freu’ ich mich drauf.
Also das ist jetzt fast eine Seite. Wenn noch ein Bild mit draufkommt, dann müsste es ne ganze Seite sein. |